Einkaufswagen für Rollstuhlfahrer sind beliebte Diebesbeute. – Zu diesem Schluss muss man jedenfalls kommen, wenn man bei IKEA in Lübeck so einen Einkaufswagen benutzen möchte.
Zunächst einmal vorweg: Es ist super, dass IKEA Lübeck seinerzeit sehr schnell reagiert hatte auf die Anregung, Einkaufswagen für Rollstuhlfahrer anzubieten. Das ist sehr zu loben, zumal es für IKEA-Häuser nicht selbstverständlich ist, diesen Service im Sinne der Inklusion und zum Wohle der Kunden vorzuhalten. IKEA in Hamburg Schnelsen beispielsweise reagiert nicht einmal auf E-Mails mit dieser Anregung…
So nun zu dem eigentlichen Problem: Wer bei IKEA Lübeck einen Rolli-Einkaufswagen benutzen will, muss erstmal einen Mitarbeiter mit Schlüssel suchen oder herantelefonieren lassen, damit der Wagen losgekettet werden kann. Das ist je nach Tageszeit und Wochentag unterschiedlich aufwendig. Wenn es nicht zu voll ist, kann man sich an die Mitarbeiter an der Kinderbetreuung wenden. Unter der Woche morgens geht das aber nicht, weil die Kinderbetreung da nicht geöffnet hat. Dann muss man jemanden vom Kassenpersonal ansprechen, der dann jemanden anruft. Der kommt dann mit dem Schlüssel. Kunden ohne Behinderung haben schon ihren Bummel durchs Möbelhaus begonnen – sie nehmen sich bei Bedarf eine der großen Einkaufstaschen oder später einen von den Einkaufswagen, die in langen Schlangen am Eingang der „Markthalle“ stehen, ohne Kette und Schloss(!).
Ok, der Schließer ist also da. Bevor der Wagen losgekettet wird, ist nun aber noch ein Leihvertrag auszufüllen und zu unterschreiben. Damit aber nicht genug: IKEA Lübeck misstraut seinen Kunden so sehr, dass die Angaben im Leihvertrag auch noch mit dem Personalausweis abgeglichen werden! Die Daten in diesem Leihvertrag werden sogar noch ein halbes Jahr gespeichert! Genau SO habe ich es gestern erlebt. Ich habe auf den Einkauf bei IKEA verzichtet. Eigentlich wollte ich ein bisschen durchbummeln – neben Kleiderbügeln, Servietten, Kerzen, Blumentöpfen und Gläsern wäre sicher doch der ein oder andere Schnickschnack noch mit im Wagen gelandet…
Aber es ist ja nicht immer so mit den Rolli-Einkaufswagen bei IKEA Lübeck : manchmal wird der Wagen nur losgekettet und man muss nichts unterschreiben oder der Mitarbeiter trägt den Namen in den Leihvertrag ein und man unterschreibt. Keine Ahnung, wonach sich das richtet. Die IKEA-Mitarbeiterin gestern hat jedenfalls gesagt, dass es so läuft, dass der Leihvertrag ausgefüllt und mit dem Personalausweis abgeglichen wird: „Das machen wir immer so, seit wir die Wagen haben!“ Begründung: „Die sind ja auch sehr, sehr teuer, diese Einkaufswagen“.
Nach dem Einkauf mit dem Rolli-Einkaufswagen muss man leider auch bei strömenden Regen den Wagen wieder reinbringen. Da man ja einen Vertrag unterschrieben hat,macht man sich jetzt wieder auf die Suche nach einem Mitarbeiter, der einem den Wagen wieder abnimmt und sich darum kümmert, dass man seine zweite Unterschrift unter den Vertrag setzen kann, mit der man die Rückgabe quittiert.Insgesamt muss man so als Rollstuhlfahrer etwa eine Viertelstunde mehr einplanen als andere Kunden, wenn man den speziellen Einkaufswagen benutzen möchte.
Ich habe inzwischen ja einige Erfahrung mit dem Einkaufen als Rollifahrerin, ganz viel in Geschäften, die auch solche Einkaufswagen haben. Außer bei IKEA stellt man sich aber nirgends so an. Edeka, Rewe, Netto, Budni und Famila haben ihre „sehr, sehr teuren“ Rolli-Einkaufswagen frei zugänglich im Eingangsbereich stehen. Da ist nichts angekettet. Lidl hat seine draußen auf dem Parkplatz im Unterstand neben den anderen Einkaufswagen. Hier benötigt man eine Pfandmünze. Es ist noch nicht einer von den Wagen weggekommen oder beschädigt worden. Alle diese Wagen dürften genau so teuer in der Anschaffung gewesen sein, wie die von IKEA Lübeck. Sie sind alle von der Firma Wanzl. Der von Lidl ist vermutlich noch ein ganzes Stück teurer, weil er größer ist als das Standardmodell in den anderen Geschäften. Ebenso könnten auch die Wagen von Famila in Neumünster etwas mehr gekostet haben, sie sind etwas schicker in braun gehalten und nicht im üblichen Zink.
Bei allen Geschäften würde man mir auch helfen, meine Ware zum Auto zu bringen, wenn ich mal sehr viel mehr habe, als in den Wagen passt oder etwas Sperriges. Diesen Service bietet IKEA übrigens generell nicht an. Aus Versicherungsgründen dürfen die Mitarbeiter nichts mit rausbringen und mit auf den Parkplatz gehen….