Aussortiert? Aktion T4 der Nazis damals, Präimplantationsdiagnostik und Trisomie21-Bluttest heute

Zu Zeiten des Nationalsozialismus gab es Zwangssterilisation und Euthanasie. Rassenhygiene und Eugenik aber auch volkswirtschaftliche Aspekte wurden  damals für diese Grausamkeiten als Argumente  bemüht.

Zunächst einmal auf Deutsch, was in den letzten beiden Sätzen steht: Die Nationalsozialisten (regierten in Deutschland von 1933 bis 1945) zwangen Männer und Frauen mit Behinderungen oder vererbten Krankheiten, sich sterilisieren zu lassen, sich also unfruchtbar machen zu lassen, um zu verhindern, dass sie Kinder bekamen.

Als Euthanasie bezeichnet man Sterbehilfe, beispielweise bei totkranken Menschen, wenn sie es wollen. Auch das Einschläfern eines Haustieres wegen Krankheit wird als Euthanasie bezeichnet. Die Nationalsozialisten brachten aber behinderte Menschen um, vor allem Menschen mit seelischen oder geistigen Behinderungen. Die Menschen wurden vergast oder mit Giftspritzen getötet oder man ließ sie einfach durch unzreichende Nahrung und schlechte hygienische Bedingungen sterben.

Rassenhygiene und Eugenik heißt, dass die Nazis (Nationalsozialisten) von einer reinen, gesunden arischen Menschenrasse träumten und auch darauf hin arbeiteten. Darum wollten sie keine Menschen mit Behinderung oder vererbten Krankheiten haben. Auch Juden oder Menschen anderer Hautfarbe  wollten die Nazis nicht.

Volkswirtschaftliche Apekte beziehen sich darauf, ob jemand für die Allgemeinheit von Nutzen ist oder ob die Allgemeinheit für ihn bezahlen muss. Ob der Staat zum Beispiel Sozialhilfe bezahlen muss oder ob der Mensch selber arbeitet und zum Beispiel Steuern bezahlt.

Man findet es heute ganz schrecklich, was damals passiert ist. Auch deshalb ist heutzutage  aktive Sterbehilfe in Deutschland verboten. Ein Arzt darf also jemandem, der sterbenskrank ist, keine Spritze geben, damit er einschläft. Auch jemand anders darf höchstens dabei helfen, dass der Patient sich selber tötet, indem er ihm beispielweise Gift besorgt. Euthanasie für Menschen soll es in Deutschland nicht geben. Hin und wieder diskutieren die Politiker aber darüber.

Am 1. September war der Gedenktag für die Opfer der Zwangssterilisation und Euthanasie der Nazi-Zeit, der T4-Aktion, wie das auch genannt wird. (T4 steht für Tiergartenstraße 4. Dort befand sich das Hauptquartier  der Gemeinnützigen Stiftung für Heil- und Anstaltspflege. Diese war zuständig für das Töten und Sterilisieren der behinderten Menschen.)

Gedenktafel, die in der Tiergartenstraße 4 aufgestellt ist im Gedenken an die Opfer der Aktion T4, die Opfer von Zwangsterilisation und Mord wegen Behinderung oder Erbkrankheit (Bild entnommen von Wiki media commons, Autor OTFW)

Das Gebäude  von damals in der Tiergartenstraße 4 gibt es nicht mehr. Aber man hat dort eine Gedenktafel aufgestellt. Mehr als 70.000 Menschen haben die Nazis umgebracht, weil sie ihr Leben als lebensunwert erachtet haben. Etwa 400.000 Menschen wurde zwangssterilisiert.

Heute passiert das alles hier in Deutschland nicht mehr. Aber der medizinische Fortschritt hat auch auch einiges verändert: Schon bevor ein behindertes Kind geboren wird, kann man etliche Untersuchungen machen: Ultraschall, Fruchtwasseruntersuchung, seit neustem einen Bluttest auf Trisomie 21, das Down-Syndrom. Wenn dann festgestellt wird, dass das Kind behindert auf die Welt kommen würde, lassen die Eltern häufig einen Schwangerschaftsabbruch machen. Die Begründung dafür darf zwar nicht die mögliche Behinderung des Kindes sein. Aber wenn die Eltern glaubhaft machen können, dass ihre seelische Gesundheit gefährdet ist, wenn sie ein behindertes Kind bekommen, darf die Schwangerschaft noch bis kurz vor der Geburt abgebrochen werden.

Schon bevor das Kind im Mutterleib anfangen darf, zu wachsen, kann man der Mutter Eizellen entnehmen und sie untersuchen, ob das Kind möglicherweise eine schlimme Erbkrankheit haben würde. Das selbe kann man mit den Samenzellen des Vaters machen. Erst wenn man bestimmte Genfehler ausgeschlossen hat, werden die Ei- und die Samenzelle zusammengbracht und der Mutter wieder eingesetzt. Das nennt man Präimplantationsdiagnostik (PID). (siehe auch https://inklusionjetzt.wordpress.com/2012/08/02/praimplantationsdiagnostik-pid-meine-gedanken-dazu/).

Menschen mit geistiger Behinderung wird häufig von vorneherein die Möglichkeit zum Geschlechtsverkehr verwehrt. Gerade in vollstationären Einrichtungen, also Heimen, ist das der Fall. Wenn sich Geschlechtsverkehr aber nicht vermeiden lässt, wird oft einfach für die Frau entschieden, dass sie eine Dreimonats-Spritze bekommt, um eine Schwangerschaft zu verhindern. Anderen Menschen mit einer möglicherweise vererbten Behinderung wird oft mit vorgeschobenen medizinischen Gründen davon abgeraten, Eltern zu werden. So habe ich kürzlich eine Reportage über eine kleinwüchsige Familie im Fernsehen gesehen. Der Frau hatte ein Arzt auch geraten, keine Kinder zu bekommen. Sie hat aber einen netten Mann kennengelernt, auch kleinwüchsig, hat geheiratet und ist inzwischen  Mutter einer niedlichen Tochter. Die ist ebenfalls kleinwüchsig. Aber die Familie ist glücklich!

Hat sich die Sicht auf Menschen mit Behinderung wirklich verändert? Oder gibt es einfach nur andere Möglichkeiten? Die Nazis haben die Menschen getötet oder zwangssterilisiert. Heute versucht man schon im Vorwege während der Schwangerschaft, auszusortieren. Und Dank Pille, Dreimonats-Spritze oder Hormonstäbchen ist Sterilisation nicht mehr nötig.

Da frage ich mich, ob sich die Einstellung unserer Gesellschaft denn so sehr verändert hat. Schön, sportlich, fit, erfolgreich müssen die Menschen sein. Schon die Mütter von Babys wetteifern um jeden Zahn, den ihr Kind bekommt, als wäre es ihr eigenes, persönliches Verdienst. Sogar behindert darf man sein, wenn man den Anspruch an die gerade genannten Attribute erfüllt. Dann wir man zum „Vorbild“ für andere Behinderte.  Aber Menschen mit Behinderung sind ebenso unterschiedlich wie welche ohne. Sie haben Talente oder eben nicht, verfügen über ausreichen finanzielle Mittel oder Beziehungen zu den richtigen Leuten oder eben nicht.

 

Präimplantationsdiagnostik (PID) – meine Gedanken dazu

Ich erinnere mich noch gut an die Berichte in den Zeitungen und im Fernsehen über die erste gelungene künstliche Befruchtung, die  sogenannte In-Vitro-Fertilisation (weitere Informationen, was das ist und wie es gemacht wird finden sich beispielsweise unter diesem Link:  http://www.wunschkinder.net/theorie/behandlungen-methoden/ivf/ ). Das war Ende der 70er-Jahre. 1978 wurde das erste auf diesem Wege gezeugte Baby geboren. Seitdem ist vielen Elternpaaren, die sonst kinderlos geblieben wären, der Wunsch nach eigenem Nachwuchs mit dieser Methode erfüllt worden. Für sie ist es also ein Segen. Aber die künstliche Befruchtung zusammen mit dem Fortschritt der Genforschung  eröffnet noch ganz andere Möglichkeiten….

Was ist denn nun Präimplantationsdiagnostik (PID)?

Da die  künstliche Befruchtung ja außerhalb des Körpers der Mutter stattfindet, Samen- und Eizelle sich also nicht in den Körpern der Eltern befinden, ist es möglich sie zu untersuchen. Auch bestimmte Erbmerkmale können dabei festgestellt werden, auch solche, die zu einer schlimmen, schweren Erbkrankheit führen können. Diese Untersuchung der Ei- und Samenzellen ist das, was als Präimplantationsdiagnostik bezeichnet wird.

Warum sollte man PID kritisch betrachten?

Die PID ermöglicht es, Ei- und Samenzellen auszusortieren, die „schlechte“ Erbmerkmale in sich tragen. Aber wer entscheidet das, was „schlecht“ ist? Eine schlimme Krankheit, das Geschlecht, die Haarfarbe oder die Farbe der Augen? Das lässt sich alles in den Zellen feststellen noch bevor Samen und Ei zusammengebracht werden. Es wäre also möglich, schon vor der Befruchtung zu bestimmen, was für ein Baby da zur Welt kommen soll.

Wie ist die PID in Deutschland gesetzlich geregelt?

Die Präimplantationsdiagnostik ist in Deutschland eingeschränkt erlaubt, nämlich dann, wenn eine hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass das Kind unter einer schweren Erbkrankheit leidet. So hat es der Deutsche Bundestag am 7. Juli 2011 in namentlicher Abstimmung (das Ergebnis  der namentlichen Abstimmung steht unter diesem Link: http://www.bundestag.de/bundestag/plenum/abstimmung/07072011_pid.pdf ) und später am 23.9.2011 auch der Bundesrat beschlossen. Eine Verordnung, die vom Bundestag erlassen wird und der Zustimmung durch den Bundesrat bedarf, soll das Gesetz nun mit Leben füllen, die nötigen Einzelheiten festlegen, beispielweise, wer zur Ethikkommission gehören soll oder welche Vorraussetzungen ein Zentrum erfüllen muss, um PID durchführen zu dürfen. Für diese Verordnung gibt es nun einen Entwurf (http://www.bmg.bund.de/fileadmin/dateien/Downloads/Gesetze_und_Verordnungen/Laufende_Verfahren/P/PID/Referentenentwurf_PID_Verordnung_120711.pdf ). In seiner letzten Pressemitteilung ( https://inklusionjetzt.wordpress.com/2012/07/31/ich-bin-entsetzt-und-mir-fehlen-die-worte/ ) hat Hubert Hüppe, der Beauftragte der deutschen Bundesregierung für die Belange Behinderter  diesen Entwurf heftig kritisiert.

Und nun endlich zu meinen eigenen Gedanken!

Hubert Hüppe ist mit seiner Kritik am Verordnungsentwurf nicht einmal in den ethischen Bereich der PID eingedrungen (grundsätzliche ethische Kritik an der PID hat er schon zu einem früheren Zeitpunkt geäußert) – es geht vorwiegend um formale Dinge. Diese werden aber weitgehend darüber entscheiden, wie häufig es dazu kommen könnte, dass eine Ei- oder Samenzelle aussortiert wird und unter welchen Vorrausetzungen das passieren dürfte.

Welchen Wert hat denn ein Leben, welchen Wert hat ein Leben mit Behinderung oder Krankheit? Welchen Wert hat es für den Betroffenen, welchen für seine Mitmenschen? Wann ist ein Leben lebenswert? Ja, und wer entscheidet das überhaupt?  Darf das überhaupt irgendwer entscheiden? Wer bestimmt, wer entscheidet? Wenn jemand entscheiden darf, dass ein Leben mit einer schweren Erbkrankheit gar nicht erst beginnen soll, darf der dann auch entscheiden, dass das Leben derer, die schon mit dieser Erkrankung leben, nicht lebenswert ist?Was ist mit den vielen Menschen, die erst im Laufe ihres Lebens schwer krank werden, auch durch Umwelteinflüsse, Unfälle oder Anderes?

Welche Gedanken machen sich Eltern, die sich zur PID entscheiden, welche Ängste haben sie? Trotz PID kann niemandem ein gesundes Kind garantiert werden. Gewöhnlich wird ja nur nach der Möglichkeit EINER Erbkrankheit gesucht?
Was passiert mit Zufallsfunden, wenn beispielsweise festgestellt wird, dass die eine Erbkrankheit ausgeschlossen ist, es aber Anhaltspunkte für einen anderen Gendefekt gibt?

Was passiert mit Paaren, in deren Familien schwere Erbkrankheiten schon vorgekommen sind, die keine PID wollen? Könnten die nicht unter gesellschaftlichen Druck geraten?

Kann es überhaupt eine zuverlässige Kontrolle der PID-Zentren, der Ethik-Kommissionen und der beteiligten Mediziner geben? (Gerade geht der Skandal um die Organtransplantationen durch die Medien – http://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/universitaetsklinik-goettingen-chirurg-faelscht-liste-fuer-organtransplantation-11826324.html)

Wie kann Inklusion funktionen, also wie soll es funktionieren, dass es normal ist unterschiedlich zu sein, wenn es Menschen gibt, die entscheiden, ob ein Mensch mit einer bestimmten Erkrankung gar nicht erst auf die Welt kommen soll?

Geht es bei der PID vielleicht auch darum, für die Zukunft ein Instrument zu haben, weil durch Umweltschäden genetische Veränderungen (die zum Teil im Tierreich schon zu beobachten sind) beim Menschen zunehmen werden?

Ich habe jetzt eine Menge Fragen gestellt, aber keine beantwortet. Es ist so schwierig!

Ich habe selber eine Behinderung, die auf eine neurologische Erkrankung zurückzuführen ist (die möglicherweise auch erblich ist). Ich bin Mutter zweier bisher gesunder, intelligenter und insgesamt ganz gut geratener Kinder und verheiratet mit einem Mann, der eine erblich bedingte Stoffwechselstörung hat (er hat wenig Probleme dadurch, andere mit derselben Stoffwechselstörung sind schwerkrank und schwerstbehindert). Ich arbeite mit seelisch und geistig behinderten Menschen und habe auch schon im Altenpflegeheim gearbeitet und dort Menschen gesehen, die so schwer dement waren, dass sie selbst dann nicht einmal mehr gegessen haben, wenn man sie gefüttert hat, die  künstlich ernährt wurden,  nur noch im Bett lagen und alle zwei Stunden vom Pflegepersonal anders hingelegt wurden. Und ich habe meiner an Magen- und Darmkrebs erkrankten Oma bis zum Schluss das Gesicht gestreichelt, bis der Tumor sie endgültig ausgehungert hatte, sie wäre lieber schon früher und mit mehr Würde  gestorben und hatte sich Sterbehilfe gewünscht.

Ich habe eine unendlich große Achtung vor dem Leben und der Würde jedes Lebewesens. Ich bin aber auch kein Feind von Wissenschaft und Fortschritt. Im Gegenteil – ich bin überzeugt davon, dass es zum „ganz großen Plan“ gehört, dass sich unsere Welt und der Planet ständig verändern, dass immer wieder Neues entsteht oder gefunden wird. Motto und Sinn meines Lebens ist: Ich bin damit Neues entsteht, darum muss ich vergehen.

Ich bin entsetzt und mir fehlen die Worte

Im folgenden zitiere ich eine Pressemitteilung des Beauftragten der deutschen Bundesregierung für die Belange Behinderter Menschen Hubert Hüppe:31. Juli 2012

Bundeskabinett und Bundesrat müssen faktische Freigabe der Präimplantationsdiagnostik verhindern

„Der vorliegende Verordnungsentwurf zur Präimplantationsdiagnostik ist anscheinend von dem Willen getragen, die ohnehin weitgehenden Regelungen des PID-Gesetzes noch zu überschreiten. Offensichtlich versuchen hier die Befürworter einer Freigabe der PID am Bundestag vorbei eine weitergehende Öffnung durchzudrücken. Damit wird auch der Wille derjenigen konterkariert, die zwar für das PID-Gesetz gestimmt haben, es aber mit einer engen Begrenzung der PID ernst meinten“, so Hubert Hüppe, Beauftragter der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen. Das Gesetz zur Regelung der Präimplantationsdiagnostik wurde vor einem Jahr vom Deutschen Bundestag beschlossen. Nach dem Gesetz ist eine PID unter anderem dann nicht rechtswidrig, wenn das „hohe Risiko einer schwerwiegenden Erbkrankheit“, wie es im Gesetz heißt, vorliegt.

Die Verordnung zur Präimplantationsdiagnostik wird durch die Bundesregierung erlassen und bedarf der Zustimmung durch den Bundesrat. Der Beauftragte hat sich jetzt an die Mitglieder von Bundeskabinett und Bundesrat gewandt und dringend gebeten, die mit dem Verordnungsentwurf vorgezeichnete faktische Freigabe der PID zu verhindern und auf Änderungen am Verordnungsentwurf zu dringen.

„Bei der Entscheidung über das PID-Gesetz im Deutschen Bundestag vor einem Jahr hat die damalige Mitinitiatorin des PID-Gesetzes Ulrike Flach betont, dass die PID nur in wenigen hundert tragischen Ausnahmefällen durchgeführt werde. Nachdem das Gesetz nunmehr in Kraft ist und Frau Flach Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesgesundheitsministerium, scheinen die Beteuerungen im Gesetzgebungsverfahren für sie keine Rolle mehr zu spielen“, so Hubert Hüppe.

Er verweist hierbei darauf, dass nach dem Verordnungsentwurf die Anzahl der PID-Zentren nicht beschränkt sei. „Dies zeigt deutlich, dass es den Verfassern des Verordnungsentwurfs tatsächlich um eine Ausweitung der PID geht. Wie sollten die Zentren andernfalls die nötige Erfahrung sammeln, um die PID durchzuführen? Wenn es sich wirklich nur um wenige hundert Ausnahmefälle handeln soll, wie beim Beschluss über das PID-Gesetz im letzten Jahr behauptet, wäre eine niedrige einstellige Zahl an Zentren absolut ausreichend“, so der Beauftragte.

Außerdem sei offenbar beabsichtigt, die Entwicklungen in der Präimplantationsdiagnostik so intransparent wie möglich zu halten, um ein zeitnahes Gegensteuern zu verhindern, so Hubert Hüppe. „Obwohl das PID-Gesetz ausdrücklich einen Bericht der Bundesregierung zu den Erfahrungen mit der PID verlangt, verhindert der Verordnungsentwurf in seiner jetzigen Fassung wichtige Erkenntnisse. Insbesondere bleibt im Dunkeln, bei welchen Erkrankungen und Behinderungen die bei den Zentren einzurichtenden Ethikkommissionen in den zu entscheidenden Einzelfällen von einer „schwerwiegenden Erbkrankheit“ ausgehen und dadurch eine PID erst möglich machen. Hier soll anscheinend bewusst verschleiert werden, um eine wirksame Kontrolle der PID von vornherein zu unterbinden. Einer zukünftigen Entwicklung hin zu einem immer massiveren Aussortieren von Menschen mit unterschiedlichsten Erkrankungen und Behinderungen ist so Tür und Tor geöffnet. Dem Bundestag wird damit die in der Begründung zum PID-Gesetz noch ausdrücklich vorgesehene Möglichkeit genommen, die Konsequenzen der PID zu überprüfen“, so der Beauftragte.

Wie es im Verordnungsentwurf außerdem selbst heißt, soll ein „Ethikkommissionstourismus“ vermieden werden, wenn eine Ethikkommission nicht zustimmt. Trotzdem soll es bei einer ablehnenden Entscheidung einer Ethikkommission möglich sein, eine erneute Entscheidung einer anderen Ethikkommission herbeizuführen. „Diese Konstruktion ist ein weiterer Beleg für die eigentliche Absicht der Verfasser des Verordnungsentwurfs und überdies widersprüchlich. Sie erzeugt gerade das Ethikkommissions-Hopping, das nach der Begründung der Verordnung vermieden werden soll“, so Hubert Hüppe.

Der Verordnungsentwurf enthalte im Übrigen keinerlei Bestimmung, wie mit zufällig bei der PID gewonnenen Erkenntnissen über genetische Ausstattungen, etwa einem Down-Syndrom oder dem Geschlecht, umgegangen wird, so Hubert Hüppe. „Hier wird ein Weg verfolgt, der selbst über das PID-Gesetz hinausgeht und an dessen Ende Nachwuchs auf Bestellung mit bestimmten Ausstattungsmerkmalen steht“, so der Beauftragte. Er weist hierbei auch auf erste Stimmen aus der Ärzteschaft hin, die auf mögliche haftungsrechtliche Folgen für Ärzte hinweisen, wenn gewonnene Erkenntnisse, etwa über eine Behinderung, nicht weitergegeben werden.

Später werde ich noch meine eigenen Gedanken dazu hier veröffentlichen.